2011-04-11 Mehr als Obst und Gemüse

Aus der Frankfurter Rundschau vom 11.04.2011:

https://www.fr.de/rhein-main/kreis-offenbach/mehr-obst-gemuese-11429764.html

Die Gärtner packen gemeinsam an.
© Rolf Oeser

Von Christoph Manus

Der Dietzenbacher Verein Internationale Gärten fördert auch den Austausch der Kulturen. Auf je 100 Quadratmeter großen Parzellen bauen Dietzenbacher aus mehr als zehn Herkunftsländern Gemüse, Obst oder Blumen an.

Zäune gibt es nicht zwischen den Gärten. Keine Hecke begrenzt den Blick. Ihre Geräte kaufen und nutzen die Mitglieder gemeinsam. Vieles ist anders als in einem Schrebergarten. „Hier ist es freier, es gibt nicht so viele Regeln“, sagt Jana Rosa, eine der Vereinsmitgründerinnen der Internationale Gärten am südöstlichen Stadtrand von Dietzenbach.

Fünf Jahre ist es her, dass der damalige Bürgermeister Stephan Gieseler (CDU) nach einigem Hin und Her und Streit im Stadtparlament über die Grundstücksfrage den ersten Apfelbaum auf dem Gelände nahe der Kreisquerverbindung pflanzte. Auf je 100 Quadratmeter großen Parzellen bauen Dietzenbacher aus mehr als zehn Herkunftsländern seitdem Gemüse, Obst oder Blumen an, grillen gemeinsam oder spielen etwas auf der Gemeinschaftsfläche der gut 2500 Quadratmeter großen Anlage. Jeder darf pflanzen, was er will. Künstliche Dünger und Pestizide sind tabu. Der Boden wird zum Beispiel mit Pferdemist gedüngt.

Zunächst sei alles sehr improvisiert gewesen, erinnert sich Rosa. Die Elektropumpe gab es noch nicht. Ihr Wasser holten die Kleingärtner mit Flaschen aus dem nahen Bach. Inzwischen kann die gebürtige Tschechin sogar auf einer von ihrem Sohn gepflasterten Terrasse grillen. Und zum allerersten Mal in den fünf Jahren blühen die Magnolien.

Der Verein zur „Förderung von Eigeninitiative, beruflicher Integration und sozialer Entfaltung“ will mehr sein als nur ein Gartenklub. Die Ziele sind hochgesteckt. In der Satzung steht als Vereinszweck neben Kleingärtnerei die Völkerverständigung. Ein Vereinsmitglied rief vor zwei Jahren eine Selbsthilfegruppe für Arbeitslose ins Leben.

Nicht immer läuft alles glatt. Die gemeinsame Nutzung des Gartens schafft auch Konflikte. „Es kracht schon manchmal“, berichtet Maggie Duram, eine gebürtige Polin. Viele der muslimischen Frauen blieben fast nur unter sich, bedauert Rosa.

14 Parzellen gibt es inzwischen. Der Bedarf ist größer. „Wir haben schon eine Warteliste“, sagt der Vereinsvorsitzende Thomas Duram.

Wenn diese weiterwächst, will er bei der Stadt eine Grundstückserweiterung beantragen. Das Areal hat der Verein, der bereits 2005 für seine Arbeit einen Integrationspreis des Bundes gewann, von der Stadt für 200 Euro im Jahr gepachtet. Die Gartennutzer zahlen je 35 Euro im Jahr. Darin sind Anschaffungen und Benzin für Pumpe und Stromaggregat enthalten.

Hinten, Richtung Kreisquerverbindung, sitzen Männer in der Sonne und unterhalten sich. Abdel Allos, der als Junge aus Marokko nach Dietzenbach kam, bereitet ein Beet vor, in das er Kartoffeln setzen will. Seit drei Jahren baut der 35 Jahre alte Vater dreier Kinder auf einer der 100 Quadratmeter großen Parzellen auch Salat, Erdbeeren oder marokkanische Pfefferminze an.

Auch ihm gehe es um mehr als Obst und Gemüse aus eigenem Anbau, stellt er klar. „Wir schauen uns etwas voneinander ab“, meint Allos, der im Garten- und Landschaftsbau arbeitet. „Etwa, was es in anderen Ländern zu essen gibt.“ Gern grillten sie auch zusammen. „Es ist eine Gemeinschaft.“